Die georgische Weinlese ist wahrscheinlich die lauteste und geschäftigste Zeit für den Weinkeller; wenn die Winzer für sonniges Wetter beten, jeder Arbeitstag um 6:30 Uhr beginnt, die Teammitglieder zu Superhelden werden und man die Geburt des neuen Jahrgangs miterlebt. Was könnte aufregender sein als die Freude über die Ernte? Folgen Sie uns, um mehr über die georgische Ernte zu erfahren, die wir Rtveli (რთველი) nennen.
Der Rtveli-Prozess beginnt viel früher in der Saison als die Weinlese, und die Vorbereitungen vor der Ernte spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Weinqualität. Zu Beginn des Prozesses werden alle Qvevries, die Tongefäße, in denen die Gärung stattfindet, mehrmals mit reinem Wasser gereinigt; Chemikalien werden strikt vermieden, da sie sich in den Tonporen festsetzen und den Wein verderben. Die letzte Reinigung der Qvevri erfolgt am Tag vor der Ernte, um die Verbreitung von Bakterien zu minimieren.
Rtveli beginnt dann in Kachetien, Georgien, und kommt dann nach Kartli, Imereti, Racha-Lechkhumi, Guria und schließlich in die Küstenregion Adjara. Nicht alle Trauben werden gleichzeitig geerntet, und einige georgische Rebsorten werden sogar im Dezember von Hand geerntet, darunter die Chkhaveri und Jani-Trauben in Guria.
In früheren Zeiten, als unsere Vorfahren noch keine Refraktometer oder andere Möglichkeiten zur Messung der Dichte hatten, mussten sie sich auf ihre Intuition verlassen, um die Qualität der geernteten Trauben zu beurteilen. Mein Großvater pflegte zu sagen: "Zuerst sollte man die Beere selbst beobachten. Sie verrät dir eine Menge." Weiße Beeren verwandeln sich während der Reifung von grün in eine gelb-goldene Farbe, während rote Beeren eine tief violette Farbe annehmen. Wie Sie vielleicht wissen, werden bei der Qvevri-Weinherstellung Traubenkerne und -stiele mit Traubensaft vergoren. Es ist wichtig, dass bei der Weinbereitung gut gereifte Stiele von brauner Farbe verwendet werden. Unreife Schalen, Kerne und Stiele können grüne Tannine entwickeln, was zu einem härteren Wein führt.
Auch die Art der Rebenerziehung beeinflusst den Zeitpunkt der Ernte. Während das Guyot-Spaliersystem nur im östlichen Teil Georgiens zu finden ist, sorgt das "Maghlari"-System (მაღლარი) im westlichen Teil des Landes für Einzigartigkeit und führt die Ernte an.
Maghlari kann mit "hoch" oder "hochgezogen" übersetzt werden und erinnert vielleicht an das Pergola-Erziehungssystem aus Südtirol. Allerdings werden die Trauben nicht an Drähten, sondern an hohen Bäumen hochgezogen, z. B. an Kirsch-, Maulbeer- und Kakibäumen. Diese Spaliersysteme sind eine hervorragende Lösung für feuchte Gebiete, da sie das Risiko von Pilzkrankheiten verringern.
Heutzutage hat die moderne Technik den Ernteprozess vereinfacht, aber fast alle georgischen Familienweingüter lesen ihre Trauben noch immer von Hand. Rtveli ist für die Georgier ein altes Ritual, und der gesamte Prozess wird genau so durchgeführt, wie unsere Vorfahren es uns gelehrt haben. So werden zum Beispiel keine Plastikeimer zum Sammeln der Trauben verwendet, sondern Körbe mit Holzgriff, die Godoli (გოდოლი), Kalata (კალათა) und Gideli (გიდელი) heißen. Diese Körbe wurden speziell für die verschiedenen Spaliersysteme in den verschiedenen Regionen Georgiens angepasst.
Kalata ist ein kleiner Korb, der in jeder Region zum Sammeln von Weintrauben und verschiedenen Obstsorten verwendet wird. Gideli ist ein konischer Holzkorb aus Westgeorgien, wo sich die Weinreben an hohen Bäumen entlangschlängeln. Diese Konstruktion ermöglicht es den Männern, mit dem Gideli am Unterarm auf die Bäume zu klettern, die Trauben einzusammeln und den Korb mit einem Seil herunterzulassen. Godori schließlich ist ein größerer Korb, der für den Transport von Trauben in den Keller verwendet wird.
Sobald die Trauben geerntet sind, müssen sie durch die Satsnakheli, eine traditionelle georgische Handkelter, laufen. Mancherorts wurde die Satsnakheli nicht im Keller, sondern in den Weinbergen aufgestellt. Um die Oxidation während des Prozesses zu minimieren, werden die ganzen Beeren sofort mit bloßen Füßen zerquetscht, während der Traubensaft sanft direkt in den Qvevri fließt.
Dieses Verfahren ist dem traditionellen portugiesischen Lagares sehr ähnlich, bei dem ebenfalls mit den Füßen getreten wird. Allerdings unterscheiden sich Satsnakheli und Lagares in Form und Zusammensetzung. Heute wird Satsnakheli aus Linde hergestellt, früher wurde es aus dem Holz von riesigen Nussbäumen gefertigt. Lagares hingegen sind große, flache Tanks, die in der Regel aus Stein gefertigt sind. Trotz ihrer Unterschiede wird in beiden Fällen mit den Füßen getreten, da diese Technik die optimale Methode ist, um die Trauben aufzubrechen und die Schalen zu kneten, um in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit möglichst viel Farbe und Geschmack zu gewinnen.
Die Freude über die Ernte wird immer mit einem großen georgischen Festmahl fortgesetzt. Wir bereiten Mzvadi, Käse, Tomatensalat, georgisches Brot und natürlich Bernsteinwein zu. Ein berühmtes georgisches Sprichwort besagt: "Kveli da puri, ketili guli", was bedeutet, dass alles, was man zum Glücklichsein braucht, eigentlich weniger ist, als man denkt. Für Georgier sind es Brot, Käse und ein gutes Herz.
Von Tamuka Araviashvili, dem Weinpädagogen aus Georgien
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